Auswirkungen der Schiefe auf das Exterieur des Pferdes

Von Arlette Magiera

Quelle: Bookazin "Feine Hilfen" Ausgabe 11

Die natürliche Schiefe kann beim Reitpferd langfristig zu gesundheitlichen Problemen führen - das ist vielen Reitern bekannt. Was Wenige wissen: Sie prägt auch das Exterieur des Pferdes. Was Oberlinie, Muskulatur und Hufe über die Händigkeit verraten und wie der Reiter der Schiefe entgegenwirken kann, erklärt Arlette Magiera in ihrem Artikel.

Die natürliche Schiefe des Pferdes ist ein zentrales Thema in der Pferdeausbildung, unabhängig von der Reitweise. Doch was versteht man überhaupt unter "natürlicher Schiefe"? Dazu muss ich zunächst zwei Begriffe kennen: Vorderhandlastigkeit und Händigkeit.

Vorderhandlastigkeit bedeutet, dass ein Pferd von Natur aus mehr Gewicht auf seinen Vorderbeinen trägt. Dabei werden beide Vorderbeine jedoch nicht gleich stark belastet, sondern eines mehr als das andere. Das mehr belastete Vorderbein ist das sogenannte händige Bein. Diese Ungleichverteilung ist auch sinnvoll. Verliert das Pferd sein Gleichgewicht oder droht es, das Gleichgewicht zu verlieren, hilft ihm das händige Vorderbein, seine Balance wiederzufinden.

Was in Bezug auf das Pferd zunächst vielleicht schwer zu verstehen ist, wird nachvollziehbar, wenn man eine ähnliche Situation auf den Menschen überträgt. Wenn ich als Rechtshänder stolpere oder zu stürzen drohe, werde ich aus Reflex versuchen, mich mit meiner rechten Hand irgendwo festzuhalten oder, wenn das nicht möglich ist, meinen Sturz zu Boden mit dem rechten Arm aufzufangen. Niemals würde ich versuchen, dasselbe mit dem linken Arm oder der linken Hand zu tun. Die Ausprägung dieser Händigkeit ist also wichtig, um in potenziell gefährlichen Situationen reflexgesteuert und damit schnell und rechtzeitig reagieren zu können. Müsste ich mir bewusst überlegen, welchen Arm ich zum Festhalten oder Abstützen nutzen möchte, wäre der Sturz wohl schon passiert. Dasselbe gilt auch für das Pferd. Gelingt es ihm nicht, sich bei drohendem Gleichgewichtsverlust schnell wieder auszubalancieren, wird es zur leichten Beute für Raubtiere, es gerät in Lebensgefahr.

Zentrifugal- und Scherkräfte

Vorderhandlastigkeit und Händigkeit haben jedoch Konsequenzen: Durch sie entstehen unterschiedliche Kräfte im Pferd. Auf der nicht-händigen Seite (auch "hohle" Seite genannt) entstehen Zentrifugalkräfte und auf der händigen Seite (auch "steife Seite" oder "Zwangsseite" genannt) Scherkräfte. Diese wirken auf Kreisbögen sehr viel stärker als auf gerader Linie, treten in einer Reitbahn also viel deutlicher in Erscheinung als im Gelände. Sie machen sich dadurch bemerkbar, dass ein Pferd auf der einen Hand mehr in die Bahn hinein fällt und auf der anderen Hand hingegen eher versucht, nach außen auszubrechen. Auch lässt sich das Pferd zu einer Seite gut, zur anderen vielleicht nur sehr schlecht biegen.

Schaut man sich die Folgen der Wirkung von Zentrifugal- und Scherkräften an, wird auch deutlich, warum das schiefe Pferd auf beiden Händen so unterschiedlich reagiert. Bewegt es sich auf seiner hohlen Seite, versucht es sich stark zu biegen und über die äußere Schulter auszubrechen. Dadurch wird auch die Wirbelsäule nach außen verschoben. Auf der händigen Seite hingegen versucht das Pferd, das innere Vorderbein möglichst lange auf dem Boden zu halten und auch schnell wieder abzusetzen und nutzt es dabei wie einen "Rettungsanker", um sein Gleichgewicht zu stabilisieren. Dadurch wird der Bewegungsbogen dieses Beins verkürzt und verlangsamt. Dies zwingt die Hinterhand, auszuscheren. Denn ein gerader Vorgriff der Hinterbeine, speziell des inneren, ist nicht möglich, wenn die Vorhand zu lang am Boden verweilt und zu langsam wieder abfußt. Kurz gesagt erfolgt also bei wirkender Zentrifugalkraft ein Ausbruch des Pferdes über die Schulter, bei der Scherkraft hingegen über die Hinterhand.

Der Sinn geraderichtender Arbeit

Warum ist es nun wichtig, die natürliche Schiefe des Pferdes durch Training zu reduzieren und das Pferd geradezurichten? Geraderichtende Arbeit ist für die Gesunderhaltung des Pferdes und die Herstellung und den Erhalt seiner Leistungsfähigkeit von elementarer Bedeutung.

Denn die beschriebenen Zentrifugal- und Scherkräfte wirken sich auf den Körper des Pferdes aus. Nach einer Weile entstehen zunächst Verspannungen im Schulter-, Hals- und Brustmuskelbereich. Denn diese Bereiche werden sehr stark beansprucht, wenn das Pferd versucht, sich mit seinem händigen Vorderbein auszubalancieren. Auch die Rückenmuskulatur ist beim schiefen Pferd oftmals verspannt, bedingt durch auftretende Zentrifugalkräfte. Hier wird die Rückenmuskulatur vor allem auf der äußeren Körperseite sehr stark gedehnt, weil sich das Pferd übermäßig hohl macht. Der dadurch entstehende Druck auf die Wirbelsäule führt zu schmerzhaften Reaktionen vor allem im Hals- und Lendenwirbelsäulenbereich. Dort finden Therapeuten und Tierärzte dann auch die meisten Auffälligkeiten und Blockaden. Die natürliche Schiefe hat aber noch weitere Auswirkungen auf den Körper des Pferdes, genauer gesagt auf sein Exterieur.

Allgemeine Hinweise

Schaut man sich beispielsweise ein linkshändiges Pferd im Stehen von vorne an, kann man sehr oft beobachten, dass der linke Vorderhuf mit der Hufspitze leicht nach außen zeigt. Grund dafür ist das Bestreben des Pferdes, seine eigene Körpermasse auf möglichst kurzem Weg Richtung des händigen Vorderbeins zu verschieben. Bewegt sich das Pferd auf einem Kreisbogen auf seiner hohlen Seite, wird das Herausdrehen des äußeren (händigen) Vorderbeins noch viel deutlicher.

Auf der händigen Seite wird es versuchen, den Huf dieses Vorderbeins leicht einwärts zu drehen, um sich so besser auf diesem Huf abstützen zu können. Dieses Bestreben, möglichst viel Last Richtung des händigen Vorderbeins zu bringen, führt auch dazu, dass das Pferd von vorn betrachtet mehr oder weniger schräg, also in Richtung der händigen Seite geneigt ist. Dies wird umso stärker, je schneller sich das Pferd bewegt. Denn je höher das Tempo, desto ausgeprägter die Schiefe.

Typisches Standbild eines Linkshänders. Das Pferd belastet seine linke Seite stärker und ist dorthin geneigt. Der linke Vorderhuf ist leicht nach außen gedreht und steht weiter zurück als der rechte, um mehr Gewicht aufnehmen zu können.

Merkmale der Oberlinie

Begleitend dazu nimmt der Rumpf des Pferdes eine mehr oder weniger starke Bergab-Tendenz ein, er sackt also in Richtung Vorderhand nach unten ab. Dies wird deutlich an einer durchhängenden Rückenlinie, insbesondere im Bereich direkt hinter dem Widerrist, wo der Reiter sitzt, und einer nur schwach entwickelten Bauchmuskulatur. Dadurch erscheint das Pferd oft überbaut. Das bedeutet, man hat seitlich betrachtet den Eindruck, als ob die Kruppe des Pferdes höher ist als sein Widerrist. Im Gegensatz zu einer echten Überbauung, die auch durch ein korrektes Training nicht behoben werden kann, entsteht dieser optische Eindruck aufgrund des wegen starker Vorhandlast heruntergesunkenen Brustkorbes. Dies kann man durch gutes Training verbessern.

Merkmale der Muskulatur

Eine unharmonische Bemuskelung von Vor- und Hinterhand deutet ebenfalls auf eine vorhandene Schiefe hin. Unabhängig vom Pferdetypus ist dabei eine sehr stark ausgeprägte Muskulatur der Vorhand zu erkennen, eine starke Brust- und Schultermuskulatur bei in Relation dazu eher schwacher Bemuskelung der Hinterhand. Vor allem die Bereiche um Kniegelenk und Oberschenkel sind dabei nur sehr dürftig ausgebildet.

Je nach Ausprägung kommt eine deutlich entwickelte Unterhalsmuskulatur hinzu. Die Oberhalslinie hingegen verläuft meist nicht konvex, also nach oben gewölbt, wie das bei einem Reitpferd gewünscht ist, sondern wirkt eher konkav, also nach unten gewölbt. Bei einem schiefen Pferd ist der Trapezmuskel unterentwickelt und man kann in diesem Bereich fast immer Auffälligkeiten entdecken. Der Trapezmuskel besteht aus zwei Teilen, dem Hals- und dem Brustteil. Rückbildungen im Brustteil kann man deutlich an den tiefen Kuhlen hinter den Schulterblättern erkennen und dem damit oft einhergehenden sehr schmalen, hohen Widerrist, der jeden einzelnen Dornfortsatz erkennen lässt. Fasst man hier mit etwas Druck links und rechts des Widerristes in die Muskulatur, reagieren sehr viele Pferde enorm schmerzhaft, sacken fast nach unten zusammen oder lassen sich in diesem Bereich vielleicht gar nicht mehr anfassen und weichen schon vorbeugend aus.

Zwar fällt hier häufig das Argument des nicht passenden Sattels, was sicherlich auch als Teilaspekt zu berücksichtigen ist. Das Problem des verkümmerten Trapezmuskels zeigt sich jedoch auch bei Pferden, die bereits über einen langen Zeitraum gar nicht mehr geritten worden sind. Wäre hier nur der Sattel schuld an der muskulären Situation, hätte sich der Bereich wieder erholen müssen. Der Zusammenhang des verkümmerten Trapezmuskels und der natürlichen Schiefe erschließt sich, wenn man sich die Funktion dieses Muskels betrachtet. Der Halsteil hat die Aufgabe, den Hals und den Kopf zu heben, der Brustteil agiert als Heber und Vorführer der Vordergliedmaße. Bewegt sich ein schiefes Pferd in der Reitbahn, wird es dies wie oben beschrieben tun, also auf der hohlen Seite nach außen driften, auf der händigen Seite in die Bahn hineinkippen und sich in Schräglage fortbewegen. Ist das der Fall, kann der Trapezmuskel aufgrund der bestehenden Vorderhandlastigkeit und Händigkeit aber seine eigentliche Aufgabe, das Vorderbein nach vorn zu führen, nicht optimal erfüllen. Der Bewegungsbogen der Vorhand, insbesondere des händigen Vorderbeins ist dadurch gestört, dass das Pferd versuchen wird, sich so schnell wie möglich wieder mit dem händigen Vorderbein abzustützen. Ein freies Vorgreifen der Vorhand ist nicht mehr möglich. Verspannungen stellen sich ein. Wenn diese andauern, kommt es zu einer Unterversorgung der Muskulatur mit Nährstoffen und sie bildet sich zurück. Die gefürchteten Kuhlen hinterm Schulterblatt entstehen.

Ein weiterer Hinweis auf hohe Verspannungen im Bereich des Trapezmuskels ist ein sichtbarer Axthieb. So wird eine mehr oder weniger ausgeprägte Vertiefung am oberen Hals im Übergang zwischen Hals und Widerrist bezeichnet. Bei einigen Pferderassen gilt er zwar als typisch und sicher entsteht er exterieurbedingt bei manchen Pferden schneller, jedoch kann man ihn durch gutes Training - und ein solches hat auch die Geraderichtung zum Ziel - immer sichtbar reduzieren. Auch wenn der Trapezmuskel nur ein eher dünnschichtiger Muskel ist, haben Verspannungen und Funktionsstörungen in diesem Bereich eine weitreichende Folge für die darunter liegenden Muskelschichten. Arbeitet die äußere Schicht nicht mehr richtig, ist einleuchtend, dass auch tiefer liegende Bereiche ihre Funktionsfähigkeit verlieren. In Folge dessen kann auch der übrige Rücken mit den dazu gehörenden Muskeln nicht mehr frei arbeiten. Ein Pferd mit verkümmerter Trapezmuskulatur kann also auch sonst keine gut ausgeprägte Rückenmuskulatur haben.

Das Pferd zeigt zahlreiche Anzeichen einer bestehenden Schiefe. (1) Stark ausgebildete Muskulatur der Schulter. Im Verhältnis dazu schwache Muskulatur der Hinterhand bei gut sichtbarem Sitzbeinhöcker (2), der bei einem korrekt gymnastizierten Pferd in Muskulatur eingebettet wäre. (3) Unharmonische Oberlinie mit spitz zulaufender Kruppe. (4) Stark ausgeprägter Widerrist mit dahinter abgesunkenem Rücken. (5) Deutlicher Axthieb. (6) Schlaffe Bauchmuskulatur. (7) Ausgeprägter Unterhals. (8) Weit zurückgestelltes Vorderbein.

Für das Pferd in freier Wildbahn ist das kein allzu großes Problem, da es sich den Großteil seiner Zeit im gemächlichen Schritt auf meist gerader Linie fortbewegt. Schwungvolle Gänge oder ein bequem zu sitzender Rücken werden hier nicht benötigt. Für das Reitpferd hingegen, das in der Reitbahn mit zusätzlichem Reitergewicht vorwiegend in Trab und Galopp gearbeitet werden soll, schon. Möchte ich durch mein Reiten keinen Verschleiß beim Pferd erzeugen, muss es unter dem Reiter mit nach oben schwingendem Rücken laufen. Tut es das nicht, entsteht mit jedem Auffußen der Hufe aufgrund der Erschütterungen eine große Belastung für den Bewegungsapparat und Erkrankungen beispielsweise in Form von Arthrosen oder Sehnenschäden sind die Folge.

Stellung der Extremitäten

Mit einer starken Vorderhandlastigkeit geht oft eine rückständige Vorhand einher. Das bedeutet, dass das Pferd versucht, seine Vorderbeine nicht senkrecht zum Boden zu stellen, sondern mehr unter seinen Körper, um das Gewicht der Vorhand besser stützen zu können. Das händige Vorderbein steht dabei meist etwas stärker nach hinten als das andere. Durch das vermehrte Belasten eines Vorderbeins kann es nach Jahren auch zu Fehlstellungen kommen oder bereits vorhandene Fehlstellungen verschlimmern sich. Bei älteren Pferden kann man beobachten, dass beide Vorderbeine nicht mehr senkrecht zum Boden stehen, sondern eines, nämlich das der händigen Seite, weiter Richtung Körperschwerpunkt ausgerichtet ist, um so die Mehrbelastung auf dieser Seite besser tragen zu können.

Beinstellung eines Rechtshänders. Das rechte Vorderbein steht nicht senkrecht, sondern leicht schräg Richtung Körpermitte, um mehr Gewicht aufnehmen zu können. Der rechte Huf ist leicht auswärts gedreht.

Das Bestreben einiger Hufbearbeiter, hier durch eine spezifische Bearbeitung eine korrektere Gliedmaßenstellung zu erreichen, ist nicht ganz ungefährlich, da das Pferd dadurch allein sein Bewegungsmuster nicht ändern wird und es so zu unter Umständen noch viel größeren Belastungen für den Bewegungsapparat kommt. Eine Stellungskorrektur darf also nur in dem Rahmen erfolgen, der mit Berücksichtigung der Anatomie des Pferdes möglich ist. Optimale Ergebnisse sind ohne ein entsprechendes geraderichtendes Training allerdings nicht zu erreichen.

Merkmale an den Hufen

Die Schiefe des Pferdes zeigt sich auch an den Hufen. Oben hatte ich bereits die Ausrichtung des Hufes angesprochen, der leicht in Richtung der händigen Seite zeigt. Hat das Pferd darüber hinaus die Tendenz, zehenweit zu stehen, also mit leicht nach außen gedrehten Hufen, wird sich dies auf der händigen Seite stärker zeigen. Umgekehrt wird sich der händige Vorderhuf bei einem zehenengen Pferd, wo die Hufe nach innen gedreht sind, mehr nach innen drehen als der andere Vorderhuf. Die Form der Hufe oder auftretende Probleme wie Hornspalten geben weitere Hinweise auf eine bestehende natürliche Schiefe. Der Vorderhuf der händigen Seite ist oftmals etwas breiter und flacher als der Vorderhuf der hohlen Seite, denn ersterer trägt mehr Gewicht. Nutzer von Hufschuhen merken das daran, dass sie für beide Hufe unterschiedliche Größen kaufen müssen oder ein Schuh besser sitzt als der andere. In Extremfällen kann sich der Vorderhuf der hohlen Seite über die Zeit in Kombination mit schlechtem Training auch in Richtung Bockhuf entwickeln. Beim Huf des händigen Vorderbeins besteht wegen der stärkeren Belastung hingegen ein höheres Risiko für die Entstehung von Hornspalten und Rissen.

Hufe eines Linkshänders. Der linke Vorderhuf ist nach unten vor allem an der Außenseite sehr breit auslaufend, der rechte Vorderhuf sehr schmal mit Tendenz zum Bockhuf.

Welchen Einfluss hat der Reiter auf die Schiefe des Pferdes?

Der Reiter spielt eine weitere entscheidende Rolle für die Schiefe des Pferdes. Denn auch dieser ist schief. Eine seiner Hände ist beispielsweise geschickter und stärker, auf einem Bein kann er besser balancieren oder die Drehung des Oberkörpers zu einer Seite gelingt leichter.

Treffen nun ein schiefer Reiter und ein schiefes Pferd zusammen und der Reiter ist nicht in der Lage, seinen Sitz so auszurichten, dass er positiv Einfluss auf die Schiefe des Pferdes nehmen kann, wird er allein durch sein zusätzliches Gewicht die Schiefe des Pferdes verstärken.

Das Pferd wird nämlich reflektorisch versuchen, das Mehrgewicht eher auf seine händige Seite zu platzieren, da es sich hier ohnehin länger am Boden abstützen möchte. Dadurch wird der Reiter auch auf diese Seite gesetzt. Sein Rumpf wird auf dieser Seite mehr nach vorne gedreht und die entsprechende Schulter sinkt etwas herunter. Damit reagiert er spiegelbildlich genau gleich wie der Pferdekörper, nimmt quasi auch eine leichte Schräglage ein. Dadurch hat er dann das Gefühl, der Fuß dieser Seite hat besseren Bügelkontakt, während das Bein der anderen Seite nach oben gezogen wird.

Typischer Sitz auf einem rechtshändigen Pferd. Das Reitergewicht liegt mehr auf der rechten Seite, die rechte Reiterhüfte sinkt ab. Dadurch wird der rechte Fuß tiefer positioniert, das linke Knie rutscht hoch. Als Gegenreaktion kippt der Oberkörper nach innen und die Reiterin knickt links in der Hüfte ein.

Beleg für diese Sitzverschiebung ist die Polsterung des Sattels. Schaut man sich diesen nach einer gewissen Benutzungsdauer von unten an, kann man erkennen, dass eine Seite der Polster etwas platter erscheint. Das ist nur in Ausnahmefällen der schlechten Arbeit des Sattlers zuzuschreiben, sondern vielmehr Folge des dauerhaft schiefen Sitzes des Reiters.

So kann der Sattel eines rechtshändigen Pferdes aussehen. Die Polsterung der rechten Seite ist deutlich flacher als auf der linken Seite.

Der Reiter sitzt dann zwar senkrecht zum Pferd, jedoch nicht senkrecht zum Boden. So wird er sein Pferd nicht gerade richten können. Das wird nur gelingen, wenn er es schafft, seinen Körper ins Gleichgewicht zu bringen, also mittig im Sattel zu sitzen und seinen Rumpf zu strecken. In Zeiten der vorwiegend sitzenden Tätigkeit ist dieser letzte Punkt besonders schwer. Die echte Aufrichtung des Körpers ist dem Menschen im Alltag nicht mehr geläufig. Er neigt zum Hohlkreuz oder hat einen leichten Buckel und sitzt oft mit überschlagenen Beinen. Seine Muskulatur ist es nicht (mehr) gewohnt, diese gestreckte Position aufrechtzuerhalten und kompensiert vorhandene Defizite auch im Sattel. Sitzfehler wie Stuhl- und Spaltsitz oder das Einknicken in der Hüfte sind die Folge.

Gelingt dem Reiter die beschriebene Neuausrichtung seines Körpers, kann er dies an der sofort eintretenden Reaktion des Pferdes erkennen. Es wird sich sofort besser biegen lassen und nachgiebiger werden!

Für die Praxis empfehle ich dem Reiter, sich bewusst zu machen, wie er auf dem Pferd sitzt. Welcher Gesäßknochen ist mehr belastet oder tiefer? Auf welcher Seite knickt er vielleicht ein? Welche Schulter ist weiter vorn? Welcher Fuß hat den besseren Bügelkontakt? Gerade zu Beginn ist es dabei ausgesprochen sinnvoll, sich Feedback von einem Außenstehenden zu holen, denn oftmals täuscht der eigene Körper eine Position vor, die man tatsächlich gar nicht eingenommen hat.

Nur wenn ich ein Bewusstsein dafür entwickeln kann, wie ich tatsächlich auf dem Pferd sitze, kann ich das auch verändern und verbessern. Merke ich beispielsweise, dass meine rechte Schulter mehr nach vorn gedreht ist als die linke und auch etwas tiefer hängt und nehme ich sie mehr nach hinten oben, wird das Pferd, das sich noch vor wenigen Metern so gegen die Rechtsbiegung gewehrt hat, mit ziemlicher Sicherheit rechts deutlich nachgiebiger werden.

Der Reiter kann durch seinen Sitz also einen bedeutenden Einfluss auf die Schiefe seines Pferdes nehmen. Er kann es durch kleine Sitzkorrekturen deutlich gerader richten oder dessen Schiefe noch mehr verstärken und dadurch eine echte Gymnastizierung unmöglich machen.