Merlin, Norweger geb. 1996


Unser Norweger Merlin kam im November 2005 zu uns nach Deutschland. Die Jahre davor lebte er in Dänemark in einem Touristenstall und war für Ponyreiten und Strandausritte zuständig. Da ihm das aber zunehmend weniger Spaß machte, so weit, dass er dort irgendwann nicht mal mehr vom Hof wollte, durften wir ihn freikaufen. Er ist unser erstes Pferd und wir hatten viele verrückte Ideen mit ihm: Zirkuslektionen sollte er auf jeden Fall lernen, vielleicht schulen wir auch auf Western um, oder mal eine kleine Jagd. Aber klassische Dressur? Daran dachten wir am Anfang sicherlich nicht.

Unsere ersten Versuche in der Halle zu reiten endeten damit, dass Pony direkt rückwärts wieder raus steuerte und auch danach bremste uns einige Male unsanft die Bande. Merlin hatte offenbar noch nie eine Reithalle oder einen Reitplatz kennengelernt und auch an Longieren war nicht zu denken. Also versuchten und probierten wir rum und einiges haben wir sogar alleine geschafft! Aber ein großes Problem blieb doch: Er kannte keinerlei Schenkelhilfen, Bein an Bauch hieß für ihn rennen, nicht mehr und nicht weniger. Außerdem ging er überhaupt keinen Linksgalopp, weder auf dem Platz oder im Gelände, noch beim mittlerweile erlernten Longieren. Und so fingen wir an einen Reitlehrer für uns zu suchen...

Die Dressurlehrerin in unserem Stall schaute ihn sich an und versuchte uns zu helfen. Ergebnis war, dass ein vollkommen verwirrtes und gestresstes Pony immer weiter im Renntrab auf der Volte gehalten werden sollte, irgendwann müsse er schließlich in den Linksgalopp springen. Dressurtraining war damit erstmal wieder durch für uns. Also sprachen wir mit dem Tierarzt, wie schlimm es wäre, wenn ein Pferd keinen Linksgalopp ginge und keinerlei Seitengänge beherrschen würde? In Merlins Fall war ihm das mittlerweile deutlich anzusehen: Er war steif, einseitig, insgesamt wenig bemuskelt und wollte sich überhaupt nicht biegen lassen. Diese Probleme seien laut Tierarzt auch nicht durch Akupunktur oder einen Osteopathen in den Griff zu bekommen, sondern nur durch vernünftige Dressurarbeit.

So ging unsere Suche von vorne los, wobei wir auf Arlette stießen. Sie kam zu uns und schaute sich Merlin an. Und diesmal war alles ganz anders. Ich war wie immer bewaffnet mit Sporen, komplettem Zaumzeug inklusive Sperrriemen und Martingal auf dem Platz am Warmreiten, so wie ich es aus allen bisherigen Dressurstunden gewohnt war, als sie vorbeikam. Nach einer kurzen Begrüßung holte sie mich erst mal vom Pferd, fragte ob wir den Sperrriemen abmachen und das Reithalfter lockern könnten, so könne das Pferd schließlich gar nicht vernünftig kauen. Kauen? Das macht Pony doch eh nicht, dachte ich!

Und schon nach der ersten Stunde erklärte sie uns, dass unser Linksgalopp-Problem, weswegen wir eigentlich am meisten Hilfe gesucht hatten, nur die Spitze vom Eisberg war. Es war das erste Mal, dass ich aus einem Unterricht zufrieden und motiviert herausging und auch das Pony nicht vollkommen gestresst wirkte, nein, er kaute dank unseren ersten Übungen sogar ganz zufrieden auf seinem Gebiss. Und so blieb es bis heute. Nun sind gut 1,5 Jahre vergangen und Arlette hat viele Hochs und Tiefs mit uns erlebt, doch wir haben immer noch jede Menge Spaß am Unterricht und vor allem immer das Gefühl, dass es Merlin zum ersten Mal auch versteht. Arlette hält uns immer dazu an, mit ganz feinen Hilfen zu reiten und so wenig Druck wie möglich aufzubauen. Ganz im Gegensatz zu unseren vorherigen Dressurerfahrungen. Die Stunden sind sehr systematisch und individuell aufgebaut, vor jeder Reitstunde unterhalten wir uns kurz, wie das Training zwischendrin lief, ob es Besonderheiten gab und spätestens nach wenigen Runden Schritt am langen Zügel hat sie sich ein Bild gemacht wie wir heute am besten trainieren. Sehr angenehm ist auch die Ruhe die Arlette ausstrahlt. Dadurch, dass sie nebenher läuft und nicht in der Mitte stehen bleibt, spricht sie mit ganz ruhiger Stimme zu uns und erklärt auch gerne während dem Reiten die jeweilige Theorie zu dem gerade Geübten, wodurch uns die Umsetzung deutlich leichter fällt. Auch nach der Stunde bekommen wir immer zahlreiche Tipps für das weitere Training. Sehr angenehm ist auch, dass sie nicht an ihren 45 Minuten Unterricht festhält. Wenn es ein Problem zu lösen gibt, werden es auch mal 60 Minuten und wenn Pony ganz brav mitgemacht hat, können wir auch schon mal nach 35 Minuten glücklich und zufrieden aufhören. Sehr dankbar sind wir für Arlette's motivierende Art. Sie traut selbst unserem kleinen dicken Pony schwere Dressurlektionen zu, an die wir uns nicht mal wagten zu denken! Auch ist sie für alles offen: so haben wir zum Beispiel einen Internetblog in dem wir für uns selbst immer aufschreiben was wir mit Merlin gemacht haben, wie die Reitstunde lief und was wir für Tipps bekommen haben. Sie nimmt sich immer die Zeit unsere Stunde dort nochmal zu kommentieren, wodurch wir ein super Feedback bekommen und alles jederzeit nachlesen können.

Mittlerweile geht unser Pony problemlos Linksgalopp, egal ob Halle, Platz, Gelände oder Longe und auch die meisten Seitengänge hat er völlig ohne Druck gelernt. Eigentlich ist unser "Problem" weswegen wir Arlette kennengelernt haben gelöst, doch ans Aufhören haben wir trotzdem nie gedacht. Merlin geht es inzwischen deutlich besser. Der Tierarzt ist sehr zufrieden mit ihm, er ist nun fast gleichmäßig und insgesamt deutlich mehr bemuskelt. Er lässt sich biegen und stellen, sein Rücken ist deutlich besser geworden und die Schulter freier. Und das wichtigste: er läuft locker und zufrieden in der Halle und auf dem Platz. Wir haben alle drei sehr viel dazugelernt und sind sehr froh bei Arlette lernen zu dürfen!

Wir sind bis heute fasziniert wie viel doch in unserem kleinen Pony steckt und mit welcher Selbstverständlichkeit und Ruhe Arlette das alles aus ihm herauskitzelt. Dank ihrer äußerst motivierenden Art glauben wir auch fest daran, dass wir mit ihm noch viel mehr erreichen können und das vollkommen ohne Druck, Reithalfter, Sporen oder Sonstigem.

Datum: August 2010